Anlieger über Mobbing-Vorwürfe empört
Die Gemeinschaft der Bewohner der Höhlsgasse und des Fähnrichswegs übergab der Oberhessischen Presse eine von 45 Anliegern unterzeichnete Gegendarstellung, die wir hier in ungekürztem Wortlaut wiedergeben. Die Veröffentlichung in der OP vom 6.2.2013 sowie den vorausgegangenen Artikel vom 1.12.2012, der die Empörung ausgelöst hatte, können hier unter Presseberichte eingesehen werden.
Gegendarstellung zum Artikel „Mobbing: Bauherr wehrt sich gegen die Nachbar-Vorwürfe“
Die Anlieger der Höhlsgasse und des Fähnrichswegs wehren sich mit allem Nachdruck gegen die am 5. 12. in der OP publizierten Äußerungen des Bauherrn Dr. Bernd Küllmer, die der folgenden Richtigstellung bedürfen:
1. Wir betreiben kein Mobbing, sondern wahren unser Recht auf öffentlichen Protest
Die ungeheuerliche Unterstellung, Mobbing d.h. Psychoterror gegen das Bauherren-Ehepaar zu betreiben, weisen wir Anlieger der Höhlsgasse und des Fähnrichswegs auf das entschiedenste zurück. Mobbing wird mit Hinterlist und verdeckt betrieben, während wir in aller Öffentlichkeit unter Miteinbeziehung der Medien unseren unmissverständlichen Protest kundtun. Als empörte Nachbarn äußern wir mit größtem Nachdruck unseren Unmut gegen einen architektonischen Fremdkörper, dessen Genehmigung wir als ungerecht empfinden, da die Planung jeder Sensibilität gegenüber dem architektonischen Umfeld entbehrt. Dass sich unser Protest nicht nur gegen die krasse Fehlentscheidung der Stadt, sondern in gleicher Weise auch gegen die Bauherren richtet, liegt vor allem an deren anmaßenden Verhalten, in keiner Weise auf unsere Aufforderung zur Stellungnahme reagiert, geschweige denn die Bereitschaft zu einem Kompromiss signalisiert zu haben.
2. Unser Protest basiert nicht auf gestreuten falschen Zahlen
Uns Anliegern wird unterstellt, der Protest sei auf falschen Zahlen begründet, die der Nachbar Müller gestreut habe. Auslöser für den Unmut in der Höhlsgasse war hingegen die Abbildung des Küllmerschen Neubaus auf einem Flugblatt, das die Bauherren persönlich in der Nachbarschaft verteilten. Die Information über die auf vier Ebenen verteilte 909 qm große Gesamtfläche basiert auf Zahlen, die Walter Müller mit anwaltlicher Hilfe bei der Baubehörde einsehen konnte und auch der OP gegenüber genannt hatte. Selbst Einsicht in die Bauplanung und Informationen über das gewaltige Ausmaß erhielten wir Anlieger im Rahmen der Informations-Veranstaltung der Stadt am 4. 10. Von diesem Zeitpunkt an wurde sowohl von der Stadt als auch von den Bauherren eine Quadratmeterzahl von 405 veröffentlicht, mit der nur die Wohnfläche des Hauses erfasst wird, während – schwer nachvollziehbar – 500! qm als Nutzfläche verbleiben sollen. Diese fast skandalös zu bezeichnende Berechnung ist als Versuch zu werten, das für seinen Standort riesige Ausmaß des Klotzes zu verharmlosen. Durch die rechnerische Aussonderung der Wohnfläche wird das Haus aber nicht kleiner, sondern eben nur für seine Bestimmung als Einfamilienhaus passender gemacht. Hieran kann auch der von Dr. Küllmer aus taktischen Gründen neu ins Spiel gebrachte Begriff des „Mehrgenerationenhauses“ nichts ändern. Das einzige zur Definition der Gebäudegröße aussagefähige Maß aber ist die gesamte Fläche von 909 qm. Diese wurde auch im Rahmen der Baugenehmigung zur Berechnung der Geschoßflächenzahl (GFZ) herangezogen. An dieser Zahl orientiert sich die baurechtliche Beurteilung, ob sich der Bau in seine Umgebung einfügt. Nach unserer Ansicht trifft dies nach wie vor nicht zu und die Genehmigung hätte niemals von der Stadt erteilt werden dürfen.
3. Wir sehen uns mit der Aussage, der Neubau wirke kleiner als das Nachbarhaus, getäuscht
Ebenfalls eine Verschleierung der demnächst in Beton gegossenen Realität in der Höhlsgasse 6 ist die Bemerkung Dr. Küllmers, sein Bau unterschreite sogar die Firsthöhe des Nachbarhauses. Dieser Hinweis ist für die Beurteilung des Kubus in keiner Weise überzeugend. Bereits am 25. 9. hatte der Bauherr gegenüber der OP geäußert, sein Neubau wirke kleiner als der abgerissene Vorgängerbau. Hier werden, wohl in manipulierender Absicht, Maße nebeneinander gestellt, die zu absolut falschen, irreführenden Vergleichen führen. Als ein Beispiel in Marburg häufig zu findender architektonischer Dissonanzen seien die beiden benachbarten Häuser in der Georg Voigt Straße 18 und 20 angeführt. Der kubische Neubau hat ungefähr die gleiche Höhe wie der First des aufwendig restaurierten, mit Ziegeln eingedeckten Nachbarhauses aus der Zeit vor dem Kriege. Trotz der gleichen maximalen Höhe der beiden Häuser wird das Mansarddachhaus von der Masse des gestaffelten Kubus geradezu erdrückt. Hier ist ein Missverhältnis in den Proportionen und der stilistischen Formensprache zur Realität geworden, wie es in der Höhlsgasse noch nicht sichtbar, aber in den bereits gegossenen Fundamenten vorprogrammiert ist.
Zum OP-Artikel vom 1.12.2012 „Mobbing: Bauherr wehrt sich gegen die
Nachbar-Vorwürfe“
„Wer baut, sollte möglichst nicht nur darauf achten, dass alle
Vorschriften eingehalten werden. Späteres Wohnen ist ein langfristiges
Projekt, Lebensqualität ist abhängig von Stilfragen des menschlichen
Miteinanders.
Zahlreiche Artikel der Oberhessischen Presse mit ungenauen Zahlen
haben nicht zur Klarheit beigetragen. Sagte der Bauherr tatsächlich,
dass das neue Haus kleiner sei, als das alte, abgerissene Haus? So
beschreibt es der Artikel im Jahresrückblick vom 31.12.2012. Wenn die
OP dort die Grundfläche des neuen Hauses angeben kann, sollte sie auch
die des alten angeben können, damit die Glaubwürdigkeit der
Beteiligten für den Leser deutlich wird.
Als ehemaliger Kaufinteressent des abgerissenen Objekts las ich ein
Gutachten, das ein Haus mit 210m2 Wohnfläche beschrieb. Dem stehen die
900m2 Gesamtfläche des neuen Hauses gegenüber. Ob allerdings die
Wohnfläche auf 405m2 berechnet werden kann (wie der Artikel vom
1.12.2012 suggeriert, im übrigen mit Fehler in der Bildunterschrift),
muss anhand der Wohnflächenverordnung (WoFlV) entschieden werden. Das
macht das Gebäude an sich aber nicht kleiner.
Wenn ein Vorwurf der „Verbreitung falscher Zahlen“ und das zusätzlich
unterstellte „Nachbarn beeinflussen“ gepaart mit einem „gefühlten
Mobbing“ im Raum stehen, sollte die OP die korrekten Zahlen parat
haben. Und nur weil Mobbing gefühlt wird, muss es noch lange nicht
vorliegen.
Des Weiteren wird suggeriert, Dr. Bernd Küllmer wolle „die
Streitigkeiten endlich beenden“, wohingegen aus den Zitaten nur folgt,
dass er das Thema nicht mehr erträgt und nicht will, dass es „ständig
wiederkehrt“. Streit tatsächlich beizulegen funktioniert auf
zwischenmenschlichen Wegen unter Einhaltung guten Stils. Vom Nachbarn
Müller wurde lediglich eine Überprüfung angestoßen, denn der Bauherr
hatte zunächst Pläne eines kleineren Gebäudes vorgelegt. Dieser erste
Entwurf hatte keinen Streit ausgelöst. Die Baugenehmigung wurde aber
später mit geänderten Plänen erteilt. Eine Pflicht, den Nachbarn die
korrekten Pläne vorzulegen, gibt es nicht.
Die Fertigstellung unter den jetzigen Konditionen beeinträchtigt den
Wert der Immobilie von Familie Müller erheblich. Der Marktwert von
Immobilien wird jedoch durch das Gebot der baurechtlichen
Rücksichtnahme nicht geschützt, ist also kein Faktor, der die
Baugenehmigung antasten kann. Sogar ein erheblicher Verlust, sei er
auch nur virtuell, ist also scheinbar zumutbar. Der einzige Knackpunkt
an einer Baugenehmigung ist die Einschätzung darüber, ob sich das
Gebäude wirklich „in die Umgebung einfügt“, dies ist jedoch ein nicht
vollständig objektivierbarer Terminus.
War der Weg zum Bauvorhaben, sei dieses noch so legal, also von gutem
Stil geprägt? Guter Stil ist ebenso wenig einklagbar wie etwaiger
Wertverlust.“
Bei der Beurteilung der scheinbaren Größe kommt es auf die Perspektive an.
Auch ein Bunker mit imposanter Pforte kann hinter einem Kleeblatt versteckt werden, wenn das Kleeblatt hinreichend dicht am Auge ist. Anders ausgedrückt: die gleiche Grundfläche kann mit 10m x 40m und mit 20m x 20m erreicht werden. Mit Blick auf 10m Front ergibt sich ein freundlicheres Bild als beim Blick auf 20m Front. Man sollte aber nie die Perspektive wechseln.
Da aber ein Vergleich mit dem vorhergehenden Gebäude bestand, geht es um absolute Zahlen. Jeder, der den Fähnrichsweg in Richtung Stadt geht, stellt die blockierte Sicht fest.
Auch eine Perspektivverschiebung:
Würden die Besitzer vom Haus #8 durch die Stadtautobahn gestört, könnten sie zumindest den verbesserten Schallschutz auf der Habenseite verbuchen.